INTERVIEW
Also waren hochgoldhaltige Legierungen als Material doch
noch nicht gut genug?
C.HAFNER erhalte, sind manuell und auf breiter Basis in dieser ho-
hen Qualität von mir nicht herstellbar. Die Zeiten des zahntechni-
schen Alchemisten sind bald endgültig vorbei. Der Hauptvorteil der
CAD/CAM-Technologie liegt in der vorhersagbaren hohen Qualität
der Materialien begründet. Das ist allerdings kein Automatismus:
Eine hohe Qualität entsteht nicht automatisch, nur weil CAD/CAM
draufsteht.
Die hochwertigen Varianten aus der Gruppe der edelmetallhaltigen
Legierungen, die als Legierungsplättchen das Firmentor verlassen,
sind und waren so gut wie immer. Aber ihr weiterer Werdegang
passt bald nicht mehr in die Welt, wie sie sich heute auch in unse-
rem Beruf darstellt. Hinzu kommt bzw. kam die Vielzahl der rund
2.400 Dentallegierungen auf dem Markt. Diese markierten den
dentalen Irrsinn schlechthin und so viele hat auch kein Patient ge-
braucht. Außerdem waren da viel zu viele metallurgische Kompro-
misse im Ring, die nur dem Vertrieb und dem Marketing nach dem
Mund geredet haben.
Damit räumt CAD/CAM jetzt endlich auf. Auch denken die jungen
Techniker mehr und mehr digital. Die klopfen sich nicht mehr stun-
denlang auf die Schulter, weil sie wieder einen massiven Guss mit
95 gr. Legierung passabel hinbekommen haben und nur drei Lunker
haben lasern oder löten müssen. Die haben mit derlei Bastelei nichts
mehr am Hut, im Gegensatz zu uns Alten. Uns blieb ja oft nichts
anderes übrig.
Wie ist Ihre Prognose: Wird sich der Anteil der aus Hochgold
hergestellten Arbeiten wieder erhöhen?
Wir sind alle keine Hellseher. Dem Kassenpatienten, der aktuell eine
NEM-Kaufläche bekommt, weil er sich eine vernünftige per Kassen-
dekret nicht leisten darf, wünsche ich eine aus einer gefrästen,
hochgoldhaltigen, adaptiven Legierung. Die künstlich auf preiswert
getrimmte „Vollguss“-NEM-Krone braucht aus gnathologischer
Sicht kein Mensch (Abb. 3).
Es gilt eine Aufgabe zu lösen: Ich muss alle Erwartungen, Anforde-
rungen und die mir zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ken-
nen. Auf dieser Grundlage wähle ich aus, wie und mit welchen
Materialien ich diese lösen möchte bzw. lösen kann. Und wenn der
Kunde einen klar definierten Wunsch hat, versuche ich diesen zu
erfüllen. Was wir vielleicht wieder tun sollten, ist, dem „Kunden“
Patient das Thema Gold als wertbeständige und werthaltige Alter-
native zu präsentieren. Darüber wird oft nicht mehr geredet. Und
wenn ich an eine konkrete Patientenarbeit denke, dann erkenne ich
auch, dass ich ganz neue, digital bedingte Anforderungen erfüllen
will, ja muss.
Unternehmen wie C.HAFNER, die über Jahrzehnte hartnäckig und
konsequent ihren Claim abgesteckt haben, profitieren jetzt, obwohl
die Luft dünner geworden ist. Nicht unbedingt von einem prospe-
rierenden Goldverbrauch, sondern von ihrem Anteil am Goldver-
brauch. Und weil andere inkonsequent handeln oder bereits aufge-
geben haben. Aufgrund einer kerngesunden Modellpflege, die
auch minimale Verbesserungen im Kleinen erkennt und umsetzt,
kann man dann auch Nischen mit Gewinn besetzen.
Erklären Sie uns diese Aussage bitte näher.
Unser Nachwuchs hat es begriffen, im CAD/CAM-Zeitalter jede zu-
sätzliche und unnötige manuelle Be- und Umarbeitung eines Mate-
rials kritisch zu hinterfragen. Jede Steigerung der Qualität ist heute,
wo Konfektionswaren einen solch hohen Qualitätsstandard erreicht
haben, direkt beim Schopf zu packen. Der Verbraucher erwartet
eine hohe Qualität, direkt aus der Packung. Selbstredend. Das ist
z.B. eines der Erfolgsgeheimnisse des neuerlichen NEM-Hypes. Dass
man die großen Hufeisen, die massiven Lunker und die anfälligen
Teile nicht mehr gießen muss. Und dass man in die identische Zeit-
einheit mehr Umsatz packen kann. Ja, packen muss, weil die Mar-
gen, einhergehend mit schwindendem Fachpersonal, nach unten
gehen werden.
Weshalb also nicht auch beim Gold strukturieren und optimieren?
Die Gefüge der Arbeiten, die ich z.B. aus dem Fräszentrum von
Sie haben eben eine aktuelle Patientenarbeit erwähnt, bei
der für Sie ein zunehmend wichtig werdender Vorteil des
Goldfräsens offensichtlich wurde.
Richtig. Es ist eine der Arbeiten, von denen ich überzeugt bin, dass
sie mehr werden. Es sind die herausnehmbaren teleskopierenden/
geschiebeartigen Arbeiten. Es wird davon auszugehen sein, dass
bei solchen Versorgungen die Suprastruktur einer Neuanfertigung,
Umstrukturierung oder Revision bedarf, die Primärstruktur aber
noch top in Schuss ist. Und hier kommt jetzt der IO-Scanner mit ins
Spiel. Wir scannen die Teile einzeln ein und lassen 0,2 mm dünne
hochgoldhaltige Sekundärkäppchen fräsen. Nennen wir das Ganze
„Galvanomill“. Parallel dazu erhält der Patient entweder eine Reise-
prothese aus PMMA gefräst oder trägt weiter seine alte Prothese.
Dann erfolgt mit den im Mund angepassten Käppchen eine Sam-
melabformung, auf der anschließend mit dem neuen Set-up weiter-
gearbeitet wird. Was bisher mit nicht gerade „biegefesten“ Galva-
nokäppchen gemacht wurde, wird nun mit einer gegen Verformung
resistenten Legierung gelöst.
Abb. 3: Welches Material hätte die eingebrachten okklusalen Kräfte so unbe-
schadet bzw. so adaptiv über einen Zeitraum von mehr als 20 Jahren über sich
ergehen lassen wie diese Inlaylegierung (Orplid Inlay, C.HAFNER)?
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ZAHNTECHNIK MAGAZIN
Jg. 22
Ausgabe 03
April 2018
216–219