Gold kann man auch zu hauchdünnen „Blättern“, zu Blattgold, schlagen – dies übernimmt
der sogenannte „Goldschläger“, der einen anerkannten Ausbildungsberuf ausübt. Aus
einem Gramm Gold kann so eine Folie bis zur Größe von einem Quadratmeter „geschla–
gen“ werden.
Die Goldblätter sind nach dieser Bearbeitung zwischen 1/80000 mm bis 1/140000 mm
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„stark“ . Hält man die Folie gegen die Sonne, dann leuchtet sie im Gegenlicht plötzlich
grünlich, wird transparent und vereint so symbolisch beide Mythen.
Aus einem stecknadelkopfgroßen Goldkügelchen – einem Gramm entsprechend – kann
man problemlos einen Goldfaden von 165 Metern ziehen, der fast dreimal so dünn ist wie
ein Menschenhaar8. Mit speziellen Verfahren gelingt es heute, aus derselben Menge sogar
Golddraht bis zu 1500 Metern zu ziehen9.
Mit dem Gold wird der Mensch in den nächsten Jahren auch einen weiteren Quantensprung
in die Miniaturisierung elektronischer Schaltungen machen: Die kleinsten Schaltelemente
werden bald einzelne Atome sein – und was das Erstaunlichste daran ist: Es müssen
Goldatome sein und keine anderen! Sie haben einen Durchmesser von kaum vorstellbaren
2 Nanometern: Das sind 2 Milliardstel Meter. Damit hat man in der Natur ein molekulares
Gegenstück zu einem tausend mal größeren, künstlich hergestellten Transistor gefunden:
Diese sog. „Gold–Clusters“ werden die ersten Nano-Speicherchip-Generation der Elektro-
industrie sein. Und eine unglaublich technische Revolution – mit bis jetzt wohl kaum
vorstellbaren Auswirkungen auf allen Gebieten unseres menschlichen Daseins10.
Diese außergewöhnliche Stellung des Goldes fasziniert jedoch nicht nur den
Wissenschaftler, sondern auch den Literaten: Dazu ein paar Zeilen „Aus dem Leben eines
Vielgeliebten“ von Heinrich Hansjakob. Das Edelmetall selbst, in Form eines Goldbleches,
das im Mund des Betroffenen einen Zahn festhält, erzählt seinem Besitzer die eigene – und
damit auch die Geschichte des Goldes überhaupt. Hören wir ihm kurz zu:
„Was soll ich dann noch von den Eigenschaften des Goldes sagen, die ich auch in allen
Tonarten preisen hörte. Was sagen von seinem unbefleckten Glanze, dem nicht einmal der
Sauerstoff der Luft beikommen kann, obwohl er imstande ist, selbst den Diamanten zu
verdunkeln und zu verzehren. Was soll ich sagen von des Goldes Dehnbarkeit, die so
wunderbar groß ist, dass man mit einem Golddukaten ein Roß samt seinen Reiter
vergolden kann! Gott selbst muss das Gold lieben, sonst hätte er ihm nicht so herrliche
Gaben verliehen und zwei seiner schönsten Eigenschaften in dasselbe gelegt – die Allmacht
und die Allgegenwart. Die Allmacht habe ich Dir schon bewiesen, in dem ich Dir erzählte,
wie alles auf Erden um Gold feil ist, alle Güter und alle Genüsse der Erde, und wie alle
Menschen und ihre Kräfte und ihre Eigenschaften für Gold gewonnen werden können; wie
es aus einem Dummkopf einen geistreichen Mann und aus einem Lumpen einen
angesehenen Herrn machen kann.“ 11
Und obgleich der Mensch schon früh begann, sich auch schriftlich mit dem Phänomen Gold
auseinanderzusetzen und ganze Bibliotheken mit Werken über das Gold gefüllt wurden, gibt
es wohl kein Gold der Erde, das sich so oft in der Literatur wiederfindet wie das legendäre
Rheingold. Seine literarische Spanne umfasst alle Gattungen: Von der Epik bis zum
fachwissenschaftlichen Aufsatz, vom Abenteuerroman bis zum Gedicht.
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